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AutorenbildAnne Amaru

Die Situation der Kleinbauern in den Anden Perus

Aktualisiert: 10. März 2023

Für ein Land wie Peru ist die Landwirtschaft ein wichtiger Baustein für seine Entwicklung. Ein Großteil der peruanischen Familien sichern damit nicht nur ihren Lebensunterhalt, sondern nutzen ihre eigenen Ernten auch für ihre Ernährung. Dem gegenüber stehen Bauern, die die notwendigen Lebensmittel für die Städte Perus produzieren oder diese an Unternehmen verkaufen, die ihre Ware roh oder verarbeitet ins Ausland exportieren. Glücklicherweise wurde seit Beginn der Covid-Pandemie in Peru gesetzlich geregelt, das Lebensmittel unter Einhaltung der Quarantäne-Vorschriften uneingeschränkt weiter produziert werden dürfen bzw. sichergestellt, das der Zugang zu den verschiedenen Märkten des Landes nicht beeinträchtigt wird, so dass viele Familien weiter in der Agrarwirtschaft arbeiten können.

Wie sieht die Realität der Landwirtschaft in den Anden Perus aus?

Die Bauernhäuser der Kleinbauern befinden sich oft weit verstreut in den Anden Perus und sind schlecht erreichbar, weil die Straßen schwer passierbar sind. Insbesondere in der Regenzeit wird dadurch die Abholung der Ernten von den Feldern erschwert. Aufgrund der steilen Hänge müssen die Waren häufig mit Eseln oder Pferden zur Straße hoch gebracht werden.


Zersplitterung, Felder in den Anden,
Zersplitterung der Felder in Ancash

Die Ländereien können aufgrund der extremen Gefälle häufig nicht mit einem Traktor bearbeitet werden. Dies geschieht vielfach noch mit Zugtieren, mit der "Yunta" (zwei Ochsen oder Maultiere, die durch ein Joch verbunden sind und zusammen den Pflug ziehen) oder in reiner Handarbeit, mit der Hacke in der Hand. Die Flächen der Felder sind zudem klein und zersplittert, haben oft nur eine Größe unter ein viertel Hektar. Vielfach gibt es nicht genug Wasser, um die Ernten über das gesamte Jahr zu sichern.



Wie bei den peruanischen Ahnen wird auch heute mit Hilfe des Mondes oft noch definiert, wann es regnet und wann es trocken ist und der Aussaat-Zeitpunkt geplant...

Die peruanischen Vorfahren beobachteten nicht nicht nur die Position der Sonne und des Mondes, sondern auch die Art und Weise, wie sich das Verhalten einiger Vögel und Tiere veränderte, mitunter auch das Aussehen einiger Wildblumen. Im Laufe der Jahrhunderte wurden landwirtschaftliche Technologien entwickelt, die an extreme Umgebungen angepasst sind.


In den Höhenlagen der Hochprovinzen Cuscos ist es ihnen beispielsweise gelungen, Produkte wie Quinoa und Tarwi (Anden-Lupinen) anzubauen und Tiere wie Vicuña, Lama und Alpaka zu züchten. Viele dieser alten Technologien waren nachhaltig und umweltfreundlich, d. h. sie wurden ohne den Einsatz von agro-chemischen Mitteln entwickelt.

Terrassen Landwirtschaft Cuzco
Felder und landwirtschaftliche Terrassen in Cuzco

Das Wissen der Großeltern geht aber mit den Generationen immer weiter verloren und wird nicht ersetzt, und auch die Klimaveränderungen aufgrund der globalen Erwärmung führen zu Planungsunsicherheiten in der landwirtschaftlichen Produktion der Anden.


Konzepte, die Kleinbauern ernsthaft unterstützen sollen, müssen nachhaltig sein

Im Laufe der Jahre haben wir immer wieder erfahren, das Projekte, die Kleinbauern unterstützen und helfen sollen im Sande verlaufen, weil das Konzept nicht bis zu Ende gedacht wird: Die Bauern erhalten Geschenke in Form von Materialien, Dünger und kurzfristige Ausbildung. Was aber nicht erfolgt, ist ein Training für ein langfristigeres Denken, es wird keine Hilfe bei der Suche eines Marktes geleistet, zu wenig Unterstützung beim Verstehen einer Kosten-Nutzen-Rechnung in der landwirtschaftlichen Produktion gegeben. Im Gegenteil wird durch die kostenlose Hilfe eher Passivität erreicht. Sind die Projekte beendet und haben sich die Projektleiter zurückgezogen, kehrt man wieder zu den alten Gewohnheiten und Anbau von Produkten wie Getreide, Erbsen, Mais zurück.

Warum ist die Schaffung eines Marktes nicht Bestandteil von Projekten?

Die Grundidee, das man die Bauern mit privaten Firmen, die ihre Waren kaufen, zusammenführt wird in der Regel nicht unterstützt, weil man sich vor dem Vorwurf schützen will, das jemand eigene wirtschaftliche Interessen in den Vordergrund der Förderungen stellt.


Mischkultur
Mischkultur Physalis mit Mais
Niedriges Bildungsniveau

Die Schulbildung vieler älterer Kleinbauern reicht nur bis zur vierten Klasse. Sie haben nicht viel Schulwissen, was sie an die Kinder weitergeben können, wenig was "draußen in der Welt" heutzutage von Nutzen sein könnte. Genauso klein wie die Fenster der aus Lehmsteinen gebauten Bauernhäuser, die kaum Licht hereinlassen, ist auch ihre Sichtweise. Das Resultat ist häufig, das Kinder mit auf den Feldern helfen und nicht an die (über)lebenswichtige Bedeutung des Lernens herangeführt werden.

Und selbst wenn die Bauern die „Secundaria“ (entspricht in etwa der Hauptschule) besucht haben, haben sie aufgrund des niedrigen Bildungsniveaus in den Landschulen kaum etwas über die Vermarktung ihrer Produkte im nationalen, geschweige denn internationalen Markt gelernt. Häufig haben sie nicht einmal Zugang zum Funknetz oder Internet, wie also soll gewährleistet sein, das sie einen Markt für ihre Produkte finden?


Das fehlende Wissen führt auch dazu, das in die Felder mehr Geld gesteckt wird als als Ernte heraus kommt. Oft wird auch gar nichts investiert und gehofft, das das Klima und der Boden zufällig so ausfallen, das etwas geerntet wird. Es fehlen Kenntnisse über Wirtschaft, Planung und der Gründung einer Kooperative oder gar einer kleinen Firma. Themen wie Rechnungsstellung und Versteuerung erscheinen zu kompliziert, einen Buchhalter zu bezahlen zu teuer. Daher bleiben die meisten lieber informell. Der Bauer ist so natürlich nicht in der Lage mit größeren Unternehmen zu konkurieren und wird somit für immer klein bleiben. Die Informalität ist ein großes Problem, das Peru in vielen Wirtschaftsbereichen hat.


Peruanische Biobauern

So kann man auch eher nicht davon ausgehen, das die Bauern ausreichend Kenntnisse über die organische Bewirtschaftung ihrer Äcker besitzen bzw. die entsprechenden Normen kennen und erfüllen. Was nicht heißen soll, das die Ländereien nur mit Chemie bewirtschaftet werden. Häufig fehlt das Geld für Dünge- und Spritzmittel und es entsteht dann eher zufällig ein Bioprodukt, das nicht den Stempel eines anerkannten Zertifizierers trägt und nicht selten innerhalb Perus als "Bio" vermarktet wird.


Die organische Zertifizierung kostet mehrere tausend Dollar. Diese wie auch teure Pestizid-Untersuchungen und Bodenproben im Labor kann sich kaum ein einzelner Kleinbauer leisten. Hierbei kann die Gründung einer Bauerngenossenschaft hilfreich sein, sofern die einzelnen Bauern bereit sind, Geld von ihren eigenen Ernten in einen gemeinsamen Topf zu legen, was nicht unbedingt selbstverständlich ist.


Die organischen Normen einzuhalten erfordert noch einmal mehr ein gutes, intellektuelles Verstehen. Dazu gehört auch die regelmäßige Auffrischung des Wissens, die konsequente Durchführung der erforderlichen Dokumentation der einzelnen Schritte der organischen Bewirtschaftung und die Sicherstellung des Funktionierens des internen Kontrollsystems, in dem sich die Kleinbauern gegenseitig auf die Einhaltung der Regeln überprüfen.

Vieles kann ohne Hilfe von außen nicht geleistet werden. Selbst wenn engagierte junge Bauern es versuchen, scheitern sie vielfach an ihren falschen, unrealistischen Vorstellungen.


Ausbildung Kleinbauern Peru Cajamarca
Ausbildung der Kleinbauern
1. Lösungansatz: Die neue Generation als Chance

Ein Ziel der Arbeit mit den Kleinbauern in den Anden sollte daher sein, insbesondere den Heranwachsenden Wissen über den korrekten Anbau zu vermitteln, das richtige "Know How" über das Bewässern, Düngen und Schneiden der Pflanzen und die Bestimmung des richtigen Erntezeitpunktes zu geben. Und dies auf Basis einer möglichst umweltschonenden, am besten organischen Anbauweise, die sich mit den Generationen fortsetzt und die Biodiversität Perus erhält.

CEFOP San Pablo

Ein gelungenes Beispiel für ein Projekt mit jungen Menschen ist das CEFOP San Pablo, das nach Bitten des Geschäftsführers der ansässigen Firma AgroAndino, Reinhard Schedlbauer, von der Regionalregierung Cajamarca in San Pablo initiiert wurde.


CEFOP steht für Centro de Formación Profesional, was übersetzt soviel wie „Zentrum für berufliche Ausbildung“ heißt. In Zusammenarbeit mit der Gemeinde San Pablo und der Organisation Fe y Alegría wurde das Programm seit 2019 dort umgesetzt. Seitdem wurden bereits 65 Jugendliche theoretisch und praktisch ausgebildet. Dieses Bildungsangebot für junge Menschen aus der ärmsten Region Perus soll helfen, sowohl das wirtschaftliche Wissen als auch die landwirtschaftlichen Fertigkeiten zu verbessern. Dabei soll es den Studierenden eine Chance geben, sich in den Arbeitsmarkt zu integrieren oder alternativ den Eigenanbau zu verbessern und wirtschaftlich zu machen. Der Anbau von Physalis für die Trocknungsfabrik von Agroandino in San Pablo ist nur eine der vielen Möglichkeiten für ihre Zukunft.


Mit solchen Projekten, die in die Jugend investieren, können wir der peruanischen Landwirtschaft den nötigen Auftrieb geben. Die Hoffnung und der Wunsch dabei ist, das das Wissen, was es vermittelt, sich auf die nächste Generation überträgt und - wie bei einem Dominoeffekt - die nötige Eigendynamik entwickelt.


2. Lösungsansatz: Unterstützung durch private Firmen

Private Firmen könnten bei der Vermarktung der Produkte der Bauern helfen, indem sie ihnen faire Preise zahlen, Personal einstellen, die die Bauern ausbilden und die Produkte organisch zertifizieren helfen. Die eigentliche Grundidee dabei ist, den Bauern mit einem Vertrag und dem wöchentlichen Einkauf ihrer Produkte ihren Lebensunterhalt das ganze Jahr mit festen Preisen zu sichern, damit sich der Anbau rechnet und die Existenz nicht von den Schwankungen des Marktes gefährdet ist.

Leider wird dieses System immer wieder durch Zwischenhändler (sogenannte "Intermediarios") gestört. Ist die Ware auf dem Markt gerade knapp, locken sie die Bauern mit höheren Preisangeboten und Barzahlung. Sobald der Marktwert der Ernten wieder fällt, erhält der Bauer für seine Ware jedoch wieder so wenig Soles, das die Bauernfamilie davon kaum mehr leben und planen kann. Diese Händler handeln egoistisch und sind am Ende nicht verbindlich. Sie kommen einfach nicht mehr wieder und der Bauer steht dann sogar ganz ohne einen Käufer da. Leider erleben wir hier auch oft das zu kurzfristige Denken der Bauern, die sich diesen Aufkäufern dennoch zuwenden, weil sie gerade etwas mehr Geld für ihre Ernten bekommen, aber nicht realisieren, was danach mit ihnen passiert.


Physalis-Bauern in Ayacucho

Dazu kommt dann leider noch, das sich die privaten Firmen als Konkurrenz das Leben gegenseitig schwer machen, wo es doch viel besser für alle wäre zusammenzuarbeiten. Es gibt Firmen, die sich wie die Intermediarios verhalten. Sie nehmen sich gegenseitig die Früchte weg, indem sie sich im Preis überbieten. Sie schreiben sich sogar soziale Zertifizierungen wie z.B. Fair Trade auf ihre Fahne, verhalten sich aber nicht danach. Sie sind nicht an dem Wohl der Kleinbauernfamilien interessiert, sondern verfolgen das Ziel ihre eigenen Kunden ohne Verluste zu bedienen. Sie lassen die Kleinbauern sogar absichtlich ohne Planung Physalis anbauen, damit dann ein Überangebot im Markt entsteht und sie ihren Nutzen daraus ziehen, wenn dadurch die Preise sinken. Es wird auch nicht darauf geachtet, ob die Bauern ausreichend Gemüse und Früchte für den Eigenbedarf anbauen oder stattdessen den gesamten Besitz einseitig kultivieren und danach in den wirtschaftlichen Ruin rutschen.


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